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Tiny House – Im Kleinformat zum grossen Wohnglück

Ein Tiny House ist mehr als nur ein kleines Häuschen, vielmehr bedeutet es eine Überzeugung zu einem minimalistischen Lebensstil. Neben finanziellen und ökonomischen Vorteilen bedeutet Leben auf kleinstem Raum vor allem eine Reduzierung des Hausrats. Da stellt sich die Frage: Wie viel Fläche braucht ein Mensch zu seinem persönlichem Wohnglück?

Die «Tiny Houses» stehen in den USA für eine neue Bewegung und für eine Antwort auf die hohen Immobilienpreise sowie auf den Platzmangel in der Stadt. Diese Bewegung hält vermehrt auch in der Schweiz Einzug – als Antwort für den mühsamen Erwerb von bezahlbaren Mietwohnungen und Wohneigentum. Ein Tiny House, das dem Gattungsbegriff entspricht, weist in der Regel eine Wohnfläche zwischen 15 und 45 Quadratmeter auf und bietet eine günstige Wohnvariante zu Mietwohnungen oder einem eigenen Bauprojekt. Dennoch lässt sich sagen: Wer sich einzig aus finanziellen Gründen für eine Wohnsituation im Tiny House entschliesst, wird langfristig nicht glücklich. Um auf reduzierter Wohnfläche das Wohnglück zu finden, braucht es die Bereitschaft zum Minimalismus, manchmal auf radikale Weise. Denn der Wechsel von einer Wohnung in ein Tiny House bedeutet für einen konsumorientierten Menschen, sich von 80 bis 90 Prozent des Hausrats zu trennen, was in der Übergangsphase mit einem Kulturschock zu vergleichen ist. Für viele Menschen basiert der Entscheid, sich auf geringer Wohnfläche einzufinden, auf ökologischen Erwägungen.

 

Je kleiner die Wohnfläche, desto besser die CO2-Bilanz

Grundsätzlich lässt sich sagen: je weniger Wohnfläche ein Mensch bewohnt, desto geringer sind die CO2-Emissionen – unter bestimmten Bedingungen. Schweizerinnen und Schweizer beanspruchen im Durchschnitt rund 46 Quadratmeter pro Person – Tendenz steigend. Zwischen 1980 und 2016 hat der durchschnittliche Pro-Kopf-Wohnflächenverbrauch um elf Quadratmeter oder um beinahe einen Drittel zugenommen, von 34 Quadratmeter pro Kopf auf 45 Quadratmeter – dementsprechend höher fallen auch die Emissionen aus. Kleine Wohnflächen lasse sich schneller beheizen und benötigen für Bau und Betrieb weniger Ressourcen. Jedoch sind kleine Häuschen nur dann im Emissions-Vorteil, wenn diese auch ausreichend isoliert sind – was aufgrund des Platzmangels nicht immer der Fall ist. Auch die Energieversorgung bleibt im überschaubaren Rahmen, der Strombedarf ist geringer und lässt sich durch eine eigene Solaranlage decken. Dem anfänglichen Kostenaufwand für Dämmung und Wärmetauscher, diese werden ebenfalls öffentlich gefördert, stehen dauerhafte Einsparungen durch den Nullverbrauch von Wärme entgegen.

 

Bauliche Hindernisse durch gesetzliche Lücken

Der Bau eines Tiny House, ob selbstgebaut oder in Auftrag gegeben, erfolgt kostengünstig und relativ schnell, zumal Grundrisse und Baupläne kostenlos im Internet heruntergeladen werden können. Jedoch stellt die Baugenehmigung eine grössere Hürde dar, denn man darf sich in der Schweiz nicht einfach niederlassen. Ein stationäres Tiny House wird gesetzlich wie ein Einfamilienhaus abgehandelt und ist deswegen genehmigungspflichtig. Das Baurecht ist (noch) nicht auf die Miniwohnträume ausgerichtet, weswegen frühzeitige Abklärungen auf der Gemeinde sinnvoll sind. Denn ein stationäres Tiny House muss bezüglich Wasseranschluss, Kanalisation etc. erschlossen sein. Darüber hinaus darf das Haus nur in einer Wohnzone errichtet werden, da aufgrund des Raumplanungsgesetzt ein derartiges Wohngebäude nicht in der Landwirtschaftszone aufgestellt werden darf. Auch ein Tiny House auf mobilem Untergrund kommt nicht an Vorschriften vorbei, wenn dieses dauerhaft an einem Ort stehen bleibt. Um einer Baugenehmigung zu entgehen, bleiben nur zwei Möglichkeiten: Einen Dauerstellplatz auf dem Campingplatz oder Sie nutzen das mobile Haus nur temporär, dann fällt das Minihaus nicht unter das Bau- sondern unter das Strassenverkehrsrecht, wobei sodann die Masse die Höhe von vier Meter und die Breite von 2.55 Meter nicht überschreiten dürfen.

Leben im Kleinformat zeigt, dass auch wenig Wohnfläche zu Wohnglück und hoher Wohnqualität führen kann. Das Potenzial erkannte selbst Leonardo da Vinci, denn er sagte einst: «Die kleinen Zimmer oder Behausungen lenken den Geist zum Ziel, die großen lenken ihn ab.»

Tiny house 2
Autorin: Sabrina Tanner
Bildquelle: Elsa Gonzalez auf Unsplash Jürg Zulliger (Newhome.ch) „Tiny Houses: Wohnglück auf minimaler Fläche“
tiny-house-projekt.ch „Baurecht: Grundlagen“
SRF.ch „Wie nachhaltig ist das Leben im Tiny House?“
Arkadium AG

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