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Shared Mobility, Shared Space und Road Diet – Verkehrskonzepte in der Stadt von Morgen

Wie gehen Sie zur Arbeit? Wenn man den Statistiken folgt, vermutlich mit dem Auto wie beinahe 70% der arbeitenden Bevölkerung. Und wenn man den Statistiken weiter vertraut, sitzen Sie vermutlich allein im Auto auf den vollen Strassen. Mehr denn je steht die Mobilität im Zentrum des Wandels und ist stetig Thema in der Verkehrs- und Stadtplanung. Es ist schlicht eine Thematik, die jeden und jede von uns betrifft. Vor allem im öffentlichen Nahverkehr ist das Potential riesig, durch neue Konzepte einen gesellschaftlichen Mehrwehrt zu schaffen. Doch die Mobilität von Morgen befindet sich in einem Spannungsfeld zwischen mangelnder Fläche, steigenden Bevölkerungszahlen und zu erfüllenden Nachhaltigkeitszielen – und einem Stadt-Land-Graben.

Regionenbezogene Mobilitäten – eine Herausforderung

Was wird morgen sein? Das aufkommende Bedürfnis nach Nachhaltigkeit verändert die Verkehrsplanung rund um ein neues Mobilitätsparadigma, wo die Bedeutung des Autos als Statusobjekt abnimmt. Dennoch ist das Auto ein beliebtes Transportmittel, wobei die Anzahl an Strassenzulassungen bereits im Jahr 2027 wieder stark steigen wird, nachdem die Anzahl an Autos auf den Strassen rückläufig ist. 39’863 Stunden staute sich 2020 der Stau auf den Nationalstrassen, weswegen nun diese zwischen Bern und Zürich auf sechs Spuren ausgebaut werden soll – doch der Protest dagegen ist gross, sodass ein Referendum über den Ausbau entscheiden könnte.

Und dennoch: Der Weg führt weg von der autozentrierten Stadt, wo das Auto nur noch ein integrierter Bestandteil unter vielen ist. Das Motto hierbei ist dabei immer häufiger: postfossil, digital vernetzt und (teil-)autonom. Herausforderung hierbei ist aber, dass es in der Schweiz nicht nur eine Mobilität gibt. Während in Städten aufgrund der hohen Dichte Stau und Parkdruck regiert und alternative Verkehrsangebote wie ein ausgebautes ÖV-Netz oder Shared Mobility Angebote ansteigen, dominiert hingegen in ländlicher Umgebung das Auto, nicht zuletzt wegen mangelnder Alternativen. (Grafik McKinsey & Company).

 

Keine Autobahn, dafür ein Velotunnel

Die Mobilität gilt als Gestalterin der Regionen, weswegen in der Verkehrsplanung ortsgegebene Eigenschaften eingebunden werden müssen – und sich daher vom Land zur Stadt unterscheiden. Wie sich so schön sagen lässt: Das Verkehrsangebot beeinflusst die Raumstruktur, die Raumstruktur wiederum beeinflusst die Verkehrsnachfrage. Aus diesem Grund sind die zukünftigen Bedingungen auf dem Land nicht gleich wie in der Stadt und sind getrennt zu analysieren. Aufgrund dessen lässt sich auch nur von städtischen Gebieten sagen, dass die Stadt- und Verkehrsplanung weg von Autos führt. Aktuell zeigt dies der geplante Velotunnel unter dem Zürcher HB, der nun dauerhaft bleiben darf und der geplanten Autobahn nicht weichen muss – der Bund hat die einstigen Autobahnpläne endgültig verworfen. Vermehrt werden Strassen rückgebaut und durch Rad- und Fussgängerwege ersetzt. Die Tendenz zur Verschlankung urbaner Strassen, auch Road Diet (Strassen-Diät) genannt, führt zum Gewinn urbaner Lebensqualität, wobei Lebens-, Wohn- und Arbeitsräume verschmelzen, wie die Konzepte der verdichteten Siedlungen diesen Lebensstil bereits vormachen. Diese individuelle und ortstypische Verkehrsraumgestaltung bringen Fuss-, Rad- und Autoverkehr mit den räumlichen Funktionen in ein Gleichgewicht, was dem Konzept «Shared Space» entspricht.

 

Alles schnell erreichbar

Als Prototyp der angestrebten Entwicklung gilt beispielsweise Mailand, die die Abkehr des autozentrierten Verkehrs hin zu einer menschenzentrierten Stadt vorantreibt. Dabei werden die wichtigsten und grössten Hauptverkehrslinien umgebaut, um dem öffentlichen Leben mehr Platz zu ermöglichen. Auch Paris als «15-Minuten-Stadt» orientiert sich auf die Erreichung von Grünanlagen, Gesundheits- und Bildungseinrichtungen sowie Einkaufs- und Arbeitsmöglichkeiten, die allesamt innerhalb von 15 Minuten mit dem Fahrrad oder zu Fuss zu erreichen sind. Ob die Neuausrichtung der Städte einen Fahrrad-Boom oder umgekehrt auslösen, ist nicht geklärt. Aber Fahrräder, insbesondere E-Bikes, boomen derzeit und sind das Erfolgsmodell einer urbanen, zukunftsorientierten Stadt.

 

Teilen ist Zukunft – in der Stadt und in urbanen Randgebieten

Das öffentliche Verkehrsnetz kann in der Schweiz auf überdurchschnittliche Beliebtheit zählen. Ebenso sind Herr und Frau Schweizer, zumindest was den städtischen Sektor betrifft, mit Carsharing und Angeboten der Mikromobilität (E-Bikes, E-Scooter etc.) unterwegs. Zudem wird in der Fahrradbranche neben dem Besitz auch Sharing, Leasing und Abonnements verstärkt aufkommen.

Dass Shared Mobility zukünftig ein aufblühendes Konzept sein wird, hängt auch mit dem übergreifenden Trend der Regionalisierung zusammen. Dieser Trend versteht die Verteilung der mobilen Optionen nicht nur im Stadtzentrum, sondern auch in den Randgebieten und urbanen Sektoren, zumal sich dort die Immobiliennachfrage der Zukunft konzentriert. Mit Shared Mobility einhergehend kommt die Reduzierung von Flächen wie Parkplätze, was wiederum die urbane Lebensqualität bestärkt. Alles in Allem werden weniger Autos unterwegs sein, Shared Streets, die Radfahrer, Fussgänger, soziale Aktivitäten und Parkplätze kombinieren, werden wohl baldige Zukunft sein.

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Autor: Sabrina Tanner
Bildquelle: Kseniia PENKOVA auf Unsplash
ZukunftsInstitut Frankfurt am Main „Megatrend Mobilität“
Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften „Mobilität der Zukunft“
Thibaut Müller, Florian Nägele, and Marco Ziegler (McKinsey & Company) „Zukunft der Mobilität in der Schweiz“
Arkadium AG

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