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Die Millenials sollen richten, was die Baby Boomer nicht mehr können

Die Baubranche boomt – noch nie gab es so viele Baugesuche wie im Jahr 2021. Vor diesem Hintergrund wirkt die Personalsituation noch bedrohlicher, denn die Baubranche kämpft mit einem Fachkräftemangel, der sich in den meisten Teilbereichen bemerkbar macht.

Dass der Wettbewerb um Fachkräfte in den vergangenen Jahren zunahm und sich wohl auch in Zukunft noch verstärken wird, zeigt ein Befund des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts. In mehr als jedem zweiten Unternehmen liegen aktuell Personalengpässe vor, wobei die Branchen Gesundheit, Erziehung, Verkehr, Gastgewerbe und der Bau besonders betroffen sind.

Dabei spielt die Demografie branchenübergreifend eine grosse Rolle, wobei das Baugewerbe besonders die Folgen zu spüren bekommen wird. Die geburtenstarken Jahrgänge der 50er- und 60er Jahren werden in den kommenden Jahren pensioniert, und das in einer Branche, in welcher der Anteil der über 50-Jährigen im Bauhauptgewerbe über einen Drittel beträgt. Die zunehmende Bedrohung der Fachkräftesituation geht jedoch nicht nur von der älteren Generation aus, sondern betrifft auch den Nachwuchs.

 

Sinkende Abschluss-Quoten und Tieflohn-Image

Neben den demografisch-bedingten Sorgen wollen zusätzlich immer weniger Junge einen Bauberuf im Hoch-, Tiefbau und in der Architektur erlernen. Diese Lage wurde bereits 2014 durch das Bundesamt für Statistik prognostiziert. Für 2024 erwartet die Institution einen Rückgang an Eidgenössischen Fähigkeitszeugnissen sowie den eidgenössischen Berufsattesten in der Architektur und im Baugewerbe von 8% im Vergleich zu 2014.

Eine ähnliche Lage ist auch bei den Maurer-Lernenden erkennbar. Schlossen im Jahr 2013 noch 1030 Lehrlinge ihre Lehre ab, waren es 2020 noch 865. Die weitreichende Wirkung dieser Zahlen ist relevant, da die Mehrheit der Vorarbeiter, Baupoliere, Bauführer und Baumeister aus diesem Maurerpool rekrutiert werden. Die Lage am Markt spüren auch wir, die Arkadium AG, in unserem täglichen Austausch mit Bauunternehmen, HR-Experten, Führungskräften und Leistungsträgern. Die Ansprüche an das Profil steigen, gleichzeitig aber herrscht zwischen der Angebots- und Nachfragelage ein Ungleichgewicht. Zudem leidet die Baubranche unter einem Tieflohn-Image. Obwohl die Auftragsbücher voll sind und eine vorteilhafte Baukonjunktur vorherrscht, sinken im Bauhauptgewerbe praktisch in allen Kategorien die Löhne. Diese Tatsache fordert eine repetitive Verbesserung der monetären Arbeitsbedingungen. Um das Problem anzugehen, setzen Organisationen und Vereine nun an der Wurzel an.

 

Gezielte Kampagnen und ein Masterplan

Um die vielseitigen Berufe unter diesen erschwerten Bedingungen trotzdem dem Nachwuchs näherzubringen, ergreifen Berufsverbände Kampagnen mit bekannten Aushängeschildern. So zierte Beat Feuz, erfolgreicher Schweizer Skirennfahrer und gelernter Maurer, eine Kampagne und ermutigt junge Menschen für eine Lehre im Bausektor. Dennoch stellt sich die Frage, wie gross die Erfolge solcher Kampagnen sind, wenn die Aushängeschilder nicht mehr in diesem Beruf tätig sind. Zeigt das nicht genau das Problem, das viele dem Bau den Rücken kehren? Parallel dazu wird an einer nachhaltigen Lösung gearbeitet.  Im Rahmen des Masterplans wird ein flexibles und nachhaltig finanziertes Berufsbildungssystem aufgebaut. Der Schweizerische Baumeisterverband verfolgt mit diesem Plan eine erfolgreiche Zukunft des Baugewerbes. Ziel ist die Modernisierung des Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Baugewerbe, ohne dabei die aktuell vorherrschenden Bedürfnisse und Anforderungen zu vernachlässigen. Dabei werden die Lerninhalte aller Berufs- sowie höheren Fachprüfungen auf Handlungskompetenzen ausgerichtet und die Lehrpläne aktualisiert. Denn dem Fachkräftemangel in der Schweiz kann nur mit langfristigen Plänen begegnet werden.

Allen Lösungsansätze zum Trotz, stellen wir uns die Frage: War dieses Problem nicht schon länger bekannt und es wurde lange nicht reagiert?

Arkadium_Gerüst_Fachkräftemangel
Autor: Sabrina Tanner
Bildquelle: Ricardo Gomez Angel auf Unsplash
WSI POLICY BRIEF Nr. 41 05/2020 „Fachkräftemangel oder schlechte Personalplanung“
Stellenmarkt Monitor CH „Arbeitsmarktperspektiven von Fachkräften aus unterschiedlichen Berufen 2013“
Schweizerischer Baumeisterverband „Entwicklungen der Fachkräftesituation“
Arkadium AG

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